"Momo" von Michael Ende

Literaturgottesdienst
Ev. Luth. Gemeinde Mittenwald am 13. März 2011 zu Michael Ende "Momo". Stuttgart: Thienemann Verlag 2005. 304 S. ISBN 978-3-522-17750-4. 14,95 €
Mitwirkende: Pfarrerin, SprecherInnen aus dem Team der ev. öff. Gemeindebücherei, Kirchenband, Orgelspielerin
Literaturgottesdienst zu "Momo" Druckversion PDF
Übersicht/Ablauf
Lieder
EG 67 „Herr Christ, der einig Gottes Sohn“
EG 592 „Du schenkst uns Zeit"
„Meine Zeit steht in deinen Händen“ (© Peter Strauch)
„Geh unter der Gnade“ (© Manfred Siebald)
„Komm herein und nimm dir Zeit für dich“ (© Kathi Stimmer-Salzeder)
Eröffnung
Orgelmusik zum Eingang
Liturgischer Gruß
Begrüßung
Inhaltsangabe
Kurzbiografie Michael Ende
Inhaltsangabe „Momo“
Lied: „Komm herein und nimm dir Zeit für dich“
Nacherzählungen aus Momo
Text aus Momo 1
Gebet 1
Kyrie
Lied EG 67 „Herr Christ, der einig Gottes Sohn“
Text aus Momo 2
Gebet 2
Kyrie mit Kirchen-Band
Text aus Momo 3
Gebet 3
Kyrie mit Kirchen-Band
Text aus Momo
Lied EG 592,1-3 „Du schenkst uns Zeit“
Predigt
Predigt Teil 1, mit biblischer Lesung
Lied EG 592,4-6„Du schenkst uns Zeit“
Text aus Momo
Lied „Meine Zeit steht in deinen Händen“
Predigt, Teil 2
Text aus Momo
Kanzelabkündigungen / Fürbitte / Vater unser
Fürbitten
Vater unser
Lied: „Geh unter der Gnade“
Abkündigungen
Sendung und Segen
Orgelmusik zum Ausgang
Eröffnung und Anrufung
Orgelmusik zum Eingang
Liturgischer Gruß
Begrüßung
Zum zweiten Literaturgottesdienst in unserer Ev. Luth. Gemeinde Mittenwald begrüßen wir Sie herzlich: Michael Endes wohl bekanntes Buch „Momo“ steht heute auf dem Plan. Was hat uns dieses Buch als gläubige Menschen zu sagen – wie steht seine Botschaft in Verbindung mit der Botschaft der Bibel, das ist die Frage, die in einem Literaturgottesdienst gestellt wird. Weil dabei ein literarisches Werk, eben heut das Buch Momo auch deutlich zu Wort kommen soll, feiern wir heute kein Abendmahl und haben auch sonst die Form des Gottesdienstes etwas abgeändert. Ich hoffe, Sie haben Lust, sich einmal wieder vorlesen zu lassen, ihre Gedanken dabei schweifen zu lassen und vielleicht etwas mitzunehmen von der Botschaft dieses Buches und von der Botschaft in diesem Gottesdienst.
Ich bedanke mich herzlich bei der Kirchenband, Frau Buchmann an der Orgel und besonders bei unseren mitwirkenden Sprecherinnen und Sprechern aus dem Büchereiteam und darüber hinaus.
Inhaltsangabe
Erzählerin: Kurzbiografie Michael Ende
Wer war Michael Ende – der Autor des Buches Momo?
Michael Ende wurde am 12. November 1929 in Garmisch-Partenkirchen geboren.
Sein Vater Edgar Ende war surrealistischer Maler. Seine Kunst galt während des Nationalsozialismus als „entartet“
Schon 1947 wurde sein erster Text, das „Gauklermärchen“ veröffentlicht.
Er machte eine Schauspielausbildung und war bei der Landesbühne Schleswig Holstein engagiert. Von 1954 bis 1962 war er auch Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks. Weil die Honorare aber nicht zum Überleben reichten, begann er Sketche und Kabarett Stücke zu schreiben.
Sein erster Erfolg war der Kinderroman „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer, der 1960 veröffentlicht und prompt mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde. Mit der Fortsetzung „Jim Knopf und die wilde 13“ erhielt er endlich finanzielle Unabhängigkeit.
Der internationale Durchbruch gelang ihm 1972 mit „MOMO“, wofür er wieder den deutschen Jugendbuchpreis erhielt.
Eines seiner bekanntesten Bücher ist die 1979 erschienene „unendliche Geschichte“.
Er starb am 28. August 1995 bei Stuttgart.
Seine Bücher gehören auch heute noch zu den meistgelesenen Jugendbüchern, die auch großen Anklang bei Erwachsenen finden und mehrfach verfilmt wurden.
Pfarrerin: Inhaltsangabe des Buches
Das Rätsel „Zeit“ selbst ist es, worum es in dem Buch „Momo“ geht und wir denken, seine Botschaft ist noch genauso aktuell wie in den 70 Jahren, als es geschrieben wurde.
Eine gespenstische Gesellschaft „grauer Herren“ ist am Werk und veranlasst immer mehr Menschen, Zeit zu sparen. Aber in Wirklichkeit betrügen sie die Menschen um diese ersparte Zeit. Doch Zeit ist Leben und das Leben wohnt im Herzen. Je mehr die Menschen daran sparen, desto ärmer, hastiger und kälter wird ihr Dasein und desto fremder werden sie sich selbst. Die diese zunehmende Lieb- und Leblosigkeit am deutlichsten zu fühlen bekommen sind die Kinder. Aber ihr Protest verhallt ungehört. Als die Not am größten ist und die Welt schon endgültig jenen grauen Herren zu gehören scheint, entschließt sich Meister Hora, der geheimnisvolle „Verwalter der Zeit“ endlich schweren Herzens zum Eingreifen, doch braucht er dazu die Hilfe eines Menschenkindes. Die Welt steht still und Momo, die struppige kleine Heldin dieser Geschichte kämpft ganz allein, mit nichts als einer Blume in der Hand und einer Schildkröte unter dem Arm, gegen das riesige Heer der grauen Herren.
Lied: „Komm herein und nimm dir Zeit für dich“
Nacherzählung aus Momo
Pfarrerin: Jetzt schauen wir mal genauer hin: lassen Sie uns die wichtigen Gestalten in der Geschichte kennen lernen. Da ist zuerst einmal Momo selbst.
Erzähler: „Momos äußere Erscheinung war in der ‚Tat ein wenig seltsam und konnte auf Menschen, die großen Wert auf Sauberkeit und Ordnung legten, möglicherweise etwas erschreckend wirken.
Sie war klein und ziemlich mager, so dass man beim besten Willen nicht erkennen konnte, ob sie erst acht oder schon zwölf Jahre alt war. Sie hatte eine wilden, pechschwarzen Lockenkopf, der so aussah, als ob er noch nie mit einem Kamm oder einer Schere in Berührung gekommen wäre. Sie hatte sehr große, wunderschöne und ebenfalls pechschwarze Augen und Füße von der gleichen Farbe, denn sie lief fast immer barfuß. Nur im Winter trug sie manchmal Schuhe, aber es waren zwei verschiedene, die nicht zusammenpassten und ihr außerdem viel zu groß waren. Das kam daher, dass Momo eben nichts besaß, als was sie irgendwo fand oder geschenkt bekam. Ihr Rock war aus allerlei bunten Flicken zusammengenäht und reichte ihr bis auf die Fußknöchel. Darüber trug sie eine alte, viel zu weite Männerjacke, deren Ärmel an den Handgelenken umgekrempelt waren. Abschneiden wollte Momo sie nicht, weil sie vorsorglich daran dachte, dass sie ja noch wachsen würde. Und wer konnte wissen, ob sie jemals wieder eine so schöne und praktische Jacke mit so vielen Taschen finden würde.“
„Einer von Momos besten Freunden war der alte Beppo Straßenkehrer. In Wirklichkeit hatte er wohl einen anderen Nachnamen, aber da er von Beruf Straßenkehrer war und alle ihn deshalb so nannten, nannte er sich selbst auch so.
Er wohnte in der Nähe des Amphitheaters in einer Hütte, die er sich aus Ziegelsteinen, Wellblechstücken und Dachpappe selbst zusammengebaut hatte. Er war ungewöhnlich klein und ging obendrein immer ein bisschen gebückt, so dass er Momo nur wenig überragte. manche Leute warfen der Ansicht, Beppo Straßenkehrer sei nicht ganz richtig im Kopf. Das kam daher, dass er auf Fragen nur freundlich lächelte und keine Antwort gab. Er dachte nach. Manchmal dauerte es zwei Stunden, mitunter aber auch einen ganzen Tag, bis er etwas erwiderte.
Wenn er die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Schritt- Atemzug- Besenstrich. Schritt- Atemzug- Besenstrich.“
Zu Momo sagte er:
Beppo: „Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst, Du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten. “Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“
Gebet 1
Ein Gebet gegen die Mutlosigkeit
Herr, wie oft verzweifeln wir, weil so viel an Arbeit und Herausforderungen vor uns liegen.
Wir sehen uns nicht mehr hinaus und fangen deshalb schon gar nicht mehr an. Wir vertreiben uns die Zeit mit Fernsehen, Computern, Essen oder shoppen um nur nicht an das denken zu müssen, was auf uns zukommt. Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken – Herr, lass uns diesen Satz leben lernen: Herr erbarme dich.
Kyrie
Lied EG 67 Herr Christ, der einig Gottes Sohn
Erzähler: Beppo Straßenkehrer und Momo hatten einen Freund, der völlig anders war und trotzdem verstanden sie sich gut.
Das lag wohl auch an der Art, wie die kleine Momo den beiden zuhörte.
Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war: ZUHÖREN. Das ist nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher sagen, zuhören kann doch jeder.
Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur ganz wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.
Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und Anteilnahme.“
Gebet 2
Ein Gebet zum Thema Zuhören
Herr, öffne unsere Ohren, damit wir hören, was andere sagen. Herr, öffne unser Herz, damit wir spüren, was andere belastet.
Herr, schließe unseren Mund, damit wir nicht vorschnell urteilen, trösten, zutexten, wenn Menschen sich uns öffnen. Herr, erbarm dich über uns.
Kyrie mit Kirchen-Band
Erzähler: So wäre Momo mit ihren Freunden und den vielen Kindern in ihrem Amphitheater glücklich gewesen, hätte sich nicht in der Stadt etwas ereignet.
„Unauffällig hatten sich die grauen Herren im Leben der großen Stadt festgesetzt . Schritt für Schritt und ohne dass es jemand bemerkte, drangen sie täglich weiter vor und ergriffen Besitz von den Menschen.
Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen. Das wusste niemand besser als die grauen Herren. Niemand kannte den Wert einer Stunde, einer Minute, ja einer einzigen Sekunde Leben so wie sie.
Freilich verstanden sie sich auf ihre Weise darauf, so wie Blutegel sich aufs Blut verstehen, und auf ihre Weise handelten sie danach.“
Gebet 3
Den Wert der Zeit erkennen
Herr, lass uns erkennen, wie kostbar unsere Zeit ist. Jede Sekunde, jede Minute, jeder Tag.
Lass uns Zeit finden für Dinge, die wirklich wichtig sind und nicht nur wichtig scheinen. Herr, erbarme dich über uns.
Kyrie mit Kirchenband
Pfarrerin: Und die Menschen fingen unmerklich an sich zu verändern, als die grauen Herren sich ausbreiteten. Auch Herr Fusi, der Friseur zum Beispiel:
Herr Fusi: "Mein Leben geht so dahin mit Scherengeklapper und Geschwätz und Seifenschaum. Was habe ich eigentlich von meinem Dasein? Und wenn ich einmal tot bin, wird es sein, als hätte es mich nie gegeben.
Mein ganzes Leben ist verfehlt. Wer bin ich schon?? Wenn ich das richtige Leben führen könnte, dann wäre ich ein ganz anderer Mensch!
Aber dazu lässt mir meine Arbeit keine Zeit. Denn für das richtige Leben muss man Zeit haben.
Erzähler: “In diesem Augenblick fuhr ein feines, aschengraues Auto vor und hielt genau vor Herrn Fusis Friseurgeschäft. Ein grauer Herr stieg aus und betrat den Laden.
Herr Fusi: “Womit kann ich dienen? Rasieren oder Haare schneiden?“
Grauer Herr: “Keines von beidem. Ich komme von der Zeit-Spar-Kasse. Ich bin Agent Nr. YXQ/384/b. Wir wissen, dass sie ein Sparkonto bei uns eröffnen wollen. Sie sind doch Herr Fusi, der Friseur?“
Herr Fusi: Ganz recht, der bin ich.
Grauer Herr: „Woher nimmt man Zeit? Man muss sie eben ersparen! Sie, Herr Fusi, vergeuden ihre Zeit auf ganz verantwortungslose Weise. Ich will es ihnen durch eine kleine Rechnung beweisen.“
Folie für den Tageslichtprojektor
Grauer Herr: liest die Summe vor
„Diese Summe also ist die Zeit, die Sie bis jetzt bereits verloren haben. Was sagen Sie dazu, Herr Fusi?“
Lied: EG 592,1-3 “Du schenkst uns Zeit“
Predigt
Predigt Teil 1, mit biblischer Lesung
Lied EG 592, 4-6 “Du schenkst uns Zeit“
Erzähler: Nachdem der graue Herr gegangen war und sich der Rauch aufgelöst hatte, war auch die Erinnerung an den grauen Besucher in Herrn Fusis Gedächtnis ausgelöscht. Aber der Vorsatz, von nun an Zeit zu sparen, saß in seiner Seele. Und Herr Fusi verrichtete seine Arbeit nun schnell und lustlos. Er steckte sogar seine Mutter in ein gutes, aber billiges Altenheim, verkaufte seinen Wellensittich und besuchte das gelähmte Fräulein Daria nicht mehr.
Erzähler: Wie Herrn Fusi erging es auch den Anderen. Niemand schien zu merken, dass er indem er Zeit sparte, in Wirklichkeit etwas ganz anderes sparte. Keiner wollte wahrhaben, dass sein Leben immer ärmer, immer gleichförmiger und immer kälter wurde.
Deutlich zu fühlen jedoch bekamen es die Kinder, denn auch für sie hatte nun niemand mehr Zeit.
Aber Zeit ist LEBEN. Und das LEBEN wohnt im HERZEN.
Und je mehr die Menschen daran sparten, desto weniger hatten sie.
Die Kinder kamen immer seltener zum Spielen mit Momo und die meisten waren traurig und verschlossen.
Einige Kinder meinten sogar, ihre Eltern würden sie nicht mehr lieben, weil sie keine Zeit mehr für sie hätten. Der kleine Paolo meinte:
Paolo: „Ich darf vielleicht bald nicht mehr kommen.“
Momo:“ Warum denn nicht?“
Paolo: „Meine Eltern haben gesagt, ihr seid bloß Faulenzer und Tagediebe. Ihr stehlt dem lieben Gott die Zeit, haben sie gesagt. Deshalb habt ihr so viel. Und weil es von eurer Sorte viel zu viel gibt, haben andere Leute immer weniger Zeit, sagen sie. Und ich soll nicht mehr herkommen, weil ich sonst genau so werde wie ihr.“
Erzähler: Ohne zu wissen, kam Momo den grauen Herren in die Quere. Und das konnten sie nicht dulden.
Erzähler: Kurze Zeit später fand Momo auf den Steinstufen der Ruine eine Puppe. Es war eine ganz besondere Puppe. Sie war so naturgetreu gemacht, dass man sie beinahe für einen kleinen Menschen halten konnte.
Die Puppe hatte wunderschöne Kleider und konnte sprechen. Es dauerte eine Weile, bis Momo merkte, dass die Puppe immer nur die gleichen Sätze sprach. Momo fühlte sich hilflos.
Schließlich wandte sie ihren Blick von der Puppe weg und erschrak ein wenig. Ganz nah stand nämlich ein elegantes aschengraues Auto, dessen Kommen sie nicht bemerkt hatte.
Und plötzlich begann Momo zu frösteln.
Der graue Herr zog Stapel von Kleidern für die Puppe aus dem Auto und wollte sie alle Momo schenken, wenn sie nur mit der sprechenden Puppe spielen würde, denn dann würde sie ihre Freunde gar nicht mehr brauchen. Aber Momo schüttelte den Kopf.
Grauer Herr: „Du bist immer noch nicht zufrieden? Ihr heutigen Kinder seid aber wirklich anspruchsvoll! Möchtest Du mir wohl sagen, was dieser vollkommenen Puppe fehlt?“
Momo: „Ich glaub, man kann sie nicht lieb haben.“
Grauer Herr: „Ich glaube, wir sollten einmal ernsthaft miteinander reden, Kleine, damit du lernst, worauf es ankommt. Das Einzige, worauf es im Leben ankommt ist, dass man es zu etwas bringt, dass man was wird und dass man was hat. Wer es weiterbringt, wer mehr wird und mehr hat als die anderen, dem fällt alles Übrige ganz von selbst zu.“
Erzähler: Der graue Herr redete noch lange auf sie ein, aber dann nahm Momo all ihre Kraft und ihren Mut zusammen und flüsterte.
Momo: „Hat dich denn niemand lieb?„
Erzähler: „Der graue Herr krümmte sich und sank plötzlich ein wenig in sich zusammen und dann verzerrte sich sein Gesicht mehr und mehr vor Entsetzen über das, was mit ihm geschah. Und nun hörte Momo endlich seine wahre Stimme.
Grauer Herr: Wir müssen unerkannt bleiben. Niemand darf wissen, dass es uns gibt und was wir tun. Wir sorgen dafür, dass kein Mensch uns im Gedächtnis behalten kann. Nur solang wir unerkannt sind, können wir unserem Geschäft nachgehen....ein mühseliges Geschäft, den Menschen ihre Lebenszeit stunden-, minuten- und sekundenweise abzuzapfen... denn alle Zeit, die sie einsparen, ist für sie verloren...wir reißen sie an uns... wir speichern sie auf...wir brauchen sie.. uns hungert danach... und wir brauchen mehr....immer mehr
Erzähler: Die letzten Worte hatte der graue Herr fast röchelnd hervorgestoßen, aber nun hielt er sich mit beiden Händen selbst den Mund zu. Nach einer Weile schien es, als ob er aus einer Art Betäubung wieder zu sich käme.
Grauer Herr: „Du hast mich ausgehorcht! Ich bin krank. Du musst mich vergessen! Du musst! Du musst!“
Erzähler: Nach einiger Zeit wurde Momo von der Schildkröte Kassiopeia durch die Stadt zum rätselhaften Meister Hora geführt, der ihr im Kampf gegen die grauen Herren beistehen sollte.
Meister Hora führte Momo durch das Nirgendwo Haus und erklärte Ihr die vielen verschiedenen Uhren , die für Meister Hora Nachbildungen des menschlichen Herzens sind, seine goldenen Allsicht-Brille , mit der sie feststellte, dass die grauen Herren schon draußen vor der Türe warteten.
„Unter einer riesigen Kuppel, die das Himmelsgewölbe darstellte, sah Momo einen Teich, dessen schwarzes Wasser glatt und reglos lag wie eine dunkler Spiegel. Ein ungeheures Pendel schwebte über ihm und schwang hin und zurück. Als sich das Sternenpendel nun langsam immer mehr dem Rande des Teiches näherte, tauchte dort aus dem dunklen Wasser eine große Blütenknospe auf. Je näher das Pendel kam, desto weiter öffnete sie sich, bis sie schließlich voll erblüht auf dem Wasserspiegel lag. Es war eine Blüte von solcher Herrlichkeit, wie Momo noch nie zuvor eine gesehen hatte. Sie schien aus nichts als leuchtenden Farben zu bestehen. Das Sternenpendel hielt eine Weile über der Blüte an und Momo versank ganz und gar in den Anblick und vergaß alles um sich her. Doch dann schwang das Pendel langsam, langsam wieder zurück. Und während es sich ganz allmählich entfernte, gewahrte Momo zu ihrer Bestürzung, dass die herrliche Blüte anfing zu verwelken. Gleichzeitig aber begann auf der gegenüberliegenden Seite eine Knospe aus dem dunklen Wasser aufzusteigen. Und als das Pendel sich dieser nun langsam näherte, sah Momo, dass es eine noch viel herrlichere Blüte war, die da aufzubrechen begann. Und mit jedem Pendelschlag entstand und verwelkte eine noch viel schönere Blume. Dazu erklang eine wunderschöne Musik.“
Momo: „Meister Hora, ich habe nie gewusst, dass die Zeit aller Menschen so..............so groß ist.“
Meister Hora.:“ Was du gesehen und gehört hast, Momo, das war nicht die Zeit aller Menschen. Es war nur deine eigene Zeit. In jedem Menschen gibt es diesen Ort, an dem du eben warst. Aber dort hinkommen kann nur der, wer sich von mir tragen lässt. Und mit gewöhnlichen Augen kann man ihn nicht sehen.“
Momo: „Aber wo war ich denn?“
Meister Hora: „In deinem eigenen Herzen.“
Lied „Meine Zeit steht in deinen Händen“
Predigt Teil 2
Erzähler: Momo machte sich auf den Weg, um ihre Freunde zu finden. Aber keiner hatte mehr Zeit für sie. Auch die Schildkröte Kassiopeia war verschwunden. Die grauen Herren waren entschlossen, Momo zu vernichten. Als die Schildkröte wieder auftauchte, schafften die beiden es gerade noch, vor dem Heer der grauen Herren zurück zu Meister Hora zu flüchten. Momo hatte die grauen Herren unwissentlich zu ihm geführt.
Meister Hora: „Ich teile jedem Menschen seine Zeit zu. Dagegen können die grauen Herren nichts tun. Sie können die Zeit, die ich aussende, auch nicht aufhalten. Aber sie können sie vergiften.“
Momo: „Die Zeit vergiften?“
Meister Hora: „ Mit dem Rauch ihrer Zigarren. Hast du jemals einen von ihnen ohne seine kleine graue Zigarre gesehen? Gewiss nicht, denn ohne sie könnte er nicht mehr exisitieren.“
Momo: „Was sind denn das für Zigarren?“
Meister Hora: „Du erinnerst dich an die Stunden-Blumen? Ich habe dir damals gesagt, dass jeder Mensch einen solchen goldenen Tempel der Zeit besitzt, weil jeder ein Herz hat. Wenn die Menschen dort die grauen Herren einlassen, dann gelingt es denen, mehr und mehr von diesen Blüten an sich zu reißen. Aber die Stunden- Blumen, die so herausgerissen sind aus dem Herzen eines Menschen, können nicht sterben, , denn sie sind ja nicht wirklich vergangen. Sie können aber auch nicht leben, denn sie sind ja von ihrem wirklichen Eigentümer getrennt. Sie streben mit allen Fasern ihres Wesens zurück zu dem Menschen, dem sie gehören.
Ich weiß nicht, wo die grauen Herren die geraubten Stunden-Blumen aufbewahren. Ich weiß nur, dass sie diese durch ihre eigene Kälte einfrieren, bis die Blüten hart sind wie gläserne Kelche. Dadurch werden sie gehindert zurückzukehren. Irgendwo tief unter der Erde müssen sich riesige Speicher befinden, in welchen die ganze gefrorene Zeit liegt. Doch auch dort sterben die Stunden-Blumen noch immer nicht. Die grauen Herren reißen den Stunden-Blumen die Blütenblätter aus, lassen sie verdorren, bis sie grau und hart werden und daraus drehen sie sich ihre kleinen Zigarren. Aber bis zu diesem Augenblick ist immer noch ein Rest von Leben in den Blättern. Lebendige Zeit ist jedoch für die grauen Herren unbekömmlich. Darum zünden sie die Zigarren an und rauchen sie. Denn erst in diesem Rauch ist die Zeit nun wirklich ganz und gar tot. Von solcher toten Menschenzeit fristen sie ihr Dasein.“
Erzähler: Momo überlief ein Schauer, als Meister Hora ihr erklärte, dass dieser Rauch die Menschen krank , unzufrieden und traurig macht. Und wenn es in einem kalt geworden ist, kann man nichts und niemand mehr lieb haben. Bisher hatte Meister Hora gehofft, die Menschen würden sich selbst von diesen Plagegeistern befreien. Aber nun konnte er nicht mehr warten und fragte Momo, ob sie ihm helfen würde. Als Momo zustimmte, erklärte er seinen Plan.
Meister Hora: „Du musst wissen, dass ich niemals schlafe. Wenn ich einschliefe, würde im gleichen Augenblick alle Zeit aufhören. Die Welt würde stillstehen. Wenn es aber keine Zeit mehr gibt, dann könnten die grauen Herren auch niemand mehr bestehlen. Zwar könnten sie noch eine Weile weiter exisitieren, da sie ja große Vorräte an Zeit besitzen. Aber wenn diese verbraucht sind, müssten sie sich in Nichts auflösen.“
Momo: „Aber dann ist es doch ganz einfach.“
Meister Hora: „Leider ist es eben nicht so einfach, sonst brauchte ich nicht deine Hilfe. Wenn es nämlich keine Zeit mehr gibt, dann kann ich ja auch nicht wieder aufwachen. Und damit bliebe die Welt still und starr für alle Ewigkeit.“
„ Ich geben dir eine Stunden-Blume. Damit hättest du eine Stunde Zeit. Aber damit allein hätten wir nichts erreicht., denn die Vorräte der grauen Herren sind viel, viel größer. Sobald die grauen Herren merken, dass die Zeit aufgehört hat- und das werden sie sehr schnell merken, weil ihr Zigarren-Nachschub ausbleiben wird- werden sie die Belagerung abbrechen und zu ihren Zeitvorräten streben. Und dorthin musst du ihnen folgen und sie daran hindern, an ihre Zeitvorräte zu kommen. Sobald ihre Zigarren zu Ende sind, geht es auch mit ihnen zu Ende. Aber dann musst du die ganze geraubte Zeit befreien. Denn nur wenn diese zurückkehrt zu den Menschen, wird die Welt aufhören, stillzustehen und ich kann wieder aufwachen. Und für alles das bleibt dir nur eine einzige Stunde.“
Momo: „Ich will es versuchen“.
Erzähler: Und dann stand die Zeit still. Momo trug in ihrer Hand eine wunderbare Stunden-Blume. Sie öffnete die Tür nach draußen und erschrak, denn die wartenden grauen Herren rannten in das Haus, weil sie glaubten, Meister Hora hätte sich ihnen ergeben. Aber als sie merkten, dass die Zeit stillstand, drängten sie sich wieder hinaus, weil sie merkten, dass ihre Zigarren-Vorräte nur noch für kurze Zeit reichten.
Sie flohen. und ihre Anzahl verringerte sich ständig, weil sie versuchten, sich gegenseitig die Zigarren aus dem Mund zu reißen. Momo und die Schildkröte verfolgten die immer weniger werdenden grauen Herren bis zu ihrem Hauptquartier. Dort musste sie mit ansehen, wie sich die grauen Herren selbst dezimierten, um die Vorräte zu sparen. Als nur noch sechs graue Herren übriggeblieben waren, die sich gegenseitig belauerten, riet ihr die Schildkröte, die offen stehende Tür zu den Vorratsspeichern durch Berühren mit der Stunden- Blume zu verschließen.
Die grauen Herren versuchten, Momo die Stunden-Blume zu entreißen, aber als dem letzten grauen Herren der Zigarrenstummel aus dem Mund fiel war auch er verschwunden.
Momo ging zur Tür und berührte sie wieder mit der Stunden-Blume und öffnete sie weit. Es wurde warm wie in einem Treibhaus und es erhob sich ein Sturm aus Blumen, der Momo mit sich fort trug.
Dan senkte sich die Blütenwolke und „wurde wieder unsichtbar, um dorthin zurückzukehren, wohin sie eigentlich gehörte: in die Herzen der Menschen. Im selben Augenblick begann die Zeit wieder und alles regte sich von neuem.“
Abkündigungen/Fürbitte/Ausgang
Fürbitten
Gott wir bitten dich – nimm von uns die leeren Stunden, die grauen, die auszehren und Kraft rauben und verwandle sie in Zeit, die uns wertvoll ist.
Schenk uns ein Herz und Hände voll mit Zeit für Menschen, die sie brauchen.
Und gib uns Menschen, die Zeit haben, wenn wir jemand brauchen, der für uns da ist.
Schenk uns genug Zeit, Herr, alles zu schaffen, was wir tun möchten und gib uns noch ein paar Extra Minuten, um einfach nichts zu tun.
Zum Schluss lehre uns noch die Einsicht, dass alle Zeit, die du uns als Lebenszeit gibst ausreicht für das, was du mit uns vorhast. Amen.
Vater unser
Lied: „Geh unter der Gnade“
Abkündigungen
Sendung und Segen
Orgelmusik zum Ausgang