Wenn der Tod ins Leben kommt… – mit Kindern über Tod und Sterben sprechen

Viele Erwachsene wollen ihre Kinder vor den Themen Abschied, Tod und Trauer schützen. Das ist verständlich, denn wir wünschen uns, dass die Kindheit unbelastet und freudig verläuft.
Und doch kommt der Tod ins Leben. Manchmal unvermittelt, manchmal erwartet, manchmal tröstlich, manchmal schmerzlich oder auch noch ganz anders.
Kinder erfahren Trennungen. Sie erleben das Absterben der Natur im Herbst. Sie finden tote Tiere auf dem Weg oder erleben den Tod eines Haustieres. Sie erfahren vom Tod in Nachbarschaft oder im Freundeskreis. Sie erleben den Tod in der eigenen Familie (i.d.R. Großeltern). Aber sie sehen Tod auch in Fernsehsendungen oder Nachrichten. Sie hören Märchen und biblische Geschichten von Tod und Leben. Vielleicht erleben sie auch aktiv das Kirchenjahr (Passion und Ostern, Ewigkeitssonntag, Allerheiligen).
Kinder machen solche Erfahrungen – früher oder später. Und Erwachsene dürfen Kinder mit diesen Erfahrungen nicht alleine lassen. Für Eltern und Erzieher*innen stellt sich damit die pädagogische Aufgabe, dem Thema „Tod und Sterben“ Raum zu geben wo es sinnvoll und angebracht ist.
Ein Vergleich zeigt, warum das so wichtig ist: Kein Gärtner würde eine Pflanze in einem Gewächshaus großziehen, sie hegen und pflegen und sie dann eines Tages einfach ungeschützt ins Freie stellen. Der erste Frost und der erste Sturm würden ihr den Garaus machen. Ein Gärtner würde die Pflanze nach und nach an Wind und Kälte gewöhnen, sie abhärten, sie mit allem ausstatten, was sie braucht, um im Freien bestehen zu können.
Und so machen es Eltern und Erzieher*innen ja auch: Sie bereiten die Kinder so gut sie es wissen und können auf das vor, was als Herausforderungen auf diese zukommen kann. Kinder erlernen den Umgang mit gefahrvollem Material (Scheren, Feuer u. ä.). Sie werden auf den Übergang zur Schule vorbereitet. Sie üben, sich im Straßenverkehr zurecht zu finden. Und vieles andere mehr.
Eltern und Erzieher*innen ermöglichen den Kindern ihre Kompetenzen und ihre Ressourcen zu erweitern, damit sie gestärkt durchs Leben gehen können. Die pädagogische Fachsprache spricht hier von Resilienz, von dem was Kinder stark macht fürs Leben und sie nicht an Krisen zerbrechen lässt. Und dazu gehört auch die Begegnung mit dem Thema „Tod und Sterben.“
Kinder brauchen die Möglichkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen - und zwar nicht erst, wenn es sie existenziell berührt, wenn es mit Macht und unausweichlich in ihr Leben tritt. Sie brauchen einen Raum, in dem ihre Gefühle, ihre Ängste, Sorgen und Fragen wahr- und ernst genommen werden. Sie müssen selbst Erfahrungen mit Abschied und Trauer machen können und dabei herausfinden, was guttut und was tröstet. Und sie brauchen Gesprächspartner*innen, mit denen sie diese Erfahrungen teilen und ihre Fragen besprechen können.
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Wie das gehen kann? Ein paar Tipps für Erwachsene:
- Klammern Sie das Thema „Tod“ im Alltag nicht aus, sondern geben Sie ihm Raum, wo immer es sich anbietet. Damit signalisieren Sie den Kindern, dass Sie für das Thema offen sind.
- Überlassen Sie den Kindern die Entscheidung, ob sie im jeweiligen Moment darauf eingehen wollen oder nicht. Kinder können ganz gut selbst entscheiden, wann was für sie dran ist. Und vielleicht kommen sie zu einem anderen Zeitpunkt wieder auf Sie zu, um das Thema aufzunehmen.
- Haben Sie keine Angst vor den Fragen der Kinder. Auch Erwachsene müssen nicht immer eine Antwort parat haben. Es kann spannend sein, sich gemeinsam auf die Suche nach Antworten zu machen. Seien Sie einfach offen und interessiert.
- Bilderbücher können helfen, über Tod und Sterben nachzudenken und zu sprechen. Es gibt inzwischen viele Bücher, die die unterschiedlichen Aspekte aufnehmen (Umgang mit Trauer und anderen Gefühlen, die Frage nach dem „Was kommt dann?“, Beerdigung und Urnenbestattung …). Ihre evangelische Bücherei vor Ort hilft gerne bei der Auswahl.
- Friedhöfe sind Orte, die vom Leben und vom Tod erzählen. Ein Besuch kann zu interessanten Entdeckungen führen.
- Kinder können Erlebnisse besser verarbeiten, wenn sie das, was sie beschäftigt in Aktion umsetzten können. Bieten Sie kreative Ausdrucks- (Malen, Gestalten, Musik und vieles mehr) und Bewegungsmöglichkeiten an.
- Und wenn der Tod in ihrer Familie ins Leben kommt: Informieren Sie die Kinder und beteiligen Sie sie in angemessener Weise an dem, was nun auf sie zukommen wird. Hilfe dazu bietet z.B. das Bilderbuch „Geht Sterben wieder vorbei?“
Susanne Betz