Newsletter "Gemeinde" 01/2022

Liebe Leserin! Lieber Leser!

Auch, wenn Frauen mittlerweile Kanzlerin, Außenministerin, Buchpreisträgerinnen oder EKD Ratsvorsitzende sind, ist es auch im Jahr 2022 noch eine wichtige und ergiebige Aufgabe sie und ihre Leistungen (auch im Nachhinein) ins rechte Licht zu rücken. Denn nicht nur im Literaturbetrieb – augenöffnend von Nicole Seifert in „Frauen Literatur“ beschrieben – sondern auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen gilt immer noch: „meist schreiben männer die geschichte auf allzu geduldigem papier …“. So treffend bringt es Andreas Knapp, Priester und Poet, in seinen Gedichten zu Frauen in der Bibel auf den Punkt. Lassen Sie sich anregen und inspirieren von unseren Literaturempfehlungen mit „Pauke und Salböl“.

Mit den besten Wünschen für ein gesegnetes neues Jahr!

Ihr Eliport-Team


Bewertung:
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Seifert, Nicole: Frauen Literatur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2021. 217 S. ; 21 cm. ISBN 978-3-462-00236-2, geb.: 18,00 €

Warum die Abwertung der Literatur von Frauen eine lange Tradition hat.

Auf dem Cover dieses Buches ist das Wort „Frauen“ im Titel durchgestrichen. Mit gutem Grund, wie Nicole Seifert überzeugend darlegt, denn das Pendant „Männerliteratur“ gibt es gar nicht. Frauenliteratur wäre somit eine Art Unterabteilung von Literatur, wobei das Etikett von (zumeist männlichen) Rezensenten oft abwertend gebraucht wird. Die Autorin zeigt anhand vieler Beispiele, wie Schriftstellerinnen durch die Jahrhunderte verächtlich gemacht, diskriminiert und systematisch aus Literaturkanons gestrichen wurden, so dass sie vergessen wurden. Das geschieht zum Teil bis heute, wo Verlagsprogramme und Literaturrankings immer noch deutlich mehr Autoren als Autorinnen aufweisen. Sind Frauen im Literaturbetrieb erfolgreich, müssen sie überproportional häufig mit beißenden Rezensionen rechnen, die auch vor ihrem Aussehen oder Lebensumständen nicht haltmachen. Geistreich und fundiert führt Seifert diese Missstände vor Augen und fordert mehr Raum für Autorinnen in der Buchbranche. Den Quellennachweisen lassen sich schließlich noch viele Leseanregungen entnehmen.

Bestens für Lesekreise geeignet – eine heiße Diskussion ist garantiert.

Signatur: SL
Schlagworte: Frauen | Buchbranche
Bewertung: +++
Rez.: Claudia Puschmann

Knapp, Andreas: Mit Pauke und Salböl. Gedichte zu Frauen der Bibel. Würzburg: Echter 2021. 77 S. ; 21 cm. ISBN 978-3-429-05681-0, kt.: 12,80 €

71 Gedichte zu Frauen in der Bibel, deren biblische Bezüge im Inhaltsverzeichnis ausgewiesen werden.

Nach der Lektüre dieses kostbaren Kleinodes machte ich mich schlauer über den mir bislang unbekannten Autoren und bestellte seine anderen Veröffentlichungen.Ein rundum beeindruckendes Werk, das  in freier Form geschrieben ist. In schlichten Worten, die Metaphern geistreich wählend, durch den Verzicht auf Satzzeichen ungeahnte Deutungsräume öffnend, Widerhaken einfügend, heilsame Schmerzen verursachend und mit barmherziger Hand auf den/die verweisend, der/die sie annimmt, um zum Leben zu führen. Spirituell, politisch, weise, revolutionär und radikal im wahrsten Sinne des Wortes interpretiert der Priesterpoet überraschend etliche Frauen der Bibel, lässt auch Gott als "mater materiae" nicht aus und verweist auf das kirchengeschichtlich so "folgenlose" Bekenntnis der Frauen zum Messias - oder ändern gerade auch seine Gedichte etwas daran?Jenseits aller denkbaren Einsatzvermerke ist dies - auch - ein Bändchen für die eigene Seele, dessen farblicher septembersonnengelber Einband Ernte wie Saat andeuten könnte.

Auf vielen kirchlichen Homepages längst zuhause, in allen Kreisen des Weiterdenkens und Vortastens zu empfehlen. Nicht nur für Frauen!

Signatur: Ch | Ci
Schlagworte: Frauen | Kirche | Gedichte
Bewertung: +++
Rez.: Frauke Thees

Philosophinnen. Von Hypathia bis Angela Davis: Herausragende Frauen der Philosophiegeschichte. Hg. von Rebecca Buxton u. Lisa Whiting. Mit Beiträgen von Zoi Aliozi, Shalina Sinha u.a. Dt. von Roberta Schneider u.a. Hamburg: Mairisch 2021. 208 S. ; 22 cm. Aus d. Engl. ISBN 978-3-948722-03-6, geb.: 22,00 €

Sachbuch, in dem das Leben und Wirken von 20 Denkerinnen von der Antike bis zur Gegenwart dargestellt wird.

Obwohl es in der Philosophie immer auch einflussreiche Denkerinnen gegeben hat, sind Frauen in der Philosophiegeschichte klar unterrepräsentiert. Von den meisten Philosophinnen, die im Sachbuch porträtiert werden, hat man daher vermutlich noch nie etwas gehört oder gelesen. In kurzen und gut verständlichen Texten wird daher in das Leben und Schaffen der Frauen eingeführt. Ihre Ideen und Werke werden in den Kontext ihrer Zeit eingeordnet, man erfährt, von welchen Lehren sie beeinflusst wurden und wen sie selbst beeinflusst haben. Dabei werden auch immer die weibliche Lebenswelt und Wirklichkeit in den Blick genommen. Obwohl alle Texte von verschiedenen Expertinnen verfasst worden sind, ist das Buch eine runde Sache. Die chronologische Sortierung bietet Orientierung, ohne jedoch die Lese-Reihenfolge strikt vorzugeben. Eine Liste mit weiteren Frauen, die im Buch nicht abgebildet werden konnten, rundet die Sammlung ab und lädt zu eigener Recherche ein.

Allen Philosophie-Begeisterten, die ihren Horizont erweitern wollen, wärmstens empfohlen.

Signatur: Ba
Schlagworte: Philosophiegeschichte | Denkerinnen | Frauen | Portraits
Bewertung: +++
Rez.: Wiebke Richter

Schubert, Helga: Vom Aufstehen. Ein Leben in Geschichten. München: Dt. Taschenbuch Verl. 2021. 221 S. ; 22 cm. ISBN 978-3-423-28278-9, geb.: 22,00 €

Das Lebensbild einer Schriftstellerin in lose verknüpften Erzählungen – vor und nach der Wende.

Von den Kindheitserinnerungen im sommerlichen Greifswalder Garten der Großmutter über die schöpferischen Jahre in Ostberlin, die Reisen ins westliche Ausland bis zum Altwerden im einsamen, nicht immer beschaulichen Mecklenburg, breitet Helga Schubert ihre politische und private Biographie aus. Es ist ein Blick zurück fast ohne Zorn, denn die Autorin weiß Distanz zu halten zu sich und zu mancher Enttäuschung, die ihr das sozialistische System bereitet hat. Selbst die Auseinandersetzung mit einer kühlen Mutter wirkt nur wenig erregt, spricht sie dabei von sich doch durchweg als „der Tochter meiner Mutter“, um diese weniger schmerzhaft zu beschreiben. Zur Distanz gehören auch eine Portion Ironie und noch mehr Leichtigkeit. Nichts Phrasenhaftes stört ihren Blick auf die Ereignisse. „Vom Aufstehen“, die letzte titelgebende Erzählung, führt wie ein Brennglas noch einmal ein Leben auf engstem, dichtestem Raum zusammen, eine ebenso poetische wie schlichte und äußerst geglückte Lebensbilanz.

Diesen informativen, gleichzeitig lebendigen und äußerst eigenwilligen, prägenden Lebenserfahrungen, vertraut und fremd zugleich, wünscht man möglichst zahlreiche Leserinnen!

Signatur: Bb
Schlagworte: Biographie | Flucht | Wende | Familie
Bewertung: +++
Rez.: Barbara von Korff-Schmising