Generationen

Schlichtmann, Silke: Reißaus mit Krabbenbrötchen. Kinderreoman. Ill. von Jens Rassmus. München: Hanser 2022. 260 S. : Ill. ; 22 cm. ISBN 978-3-446-27428-0, geb.: 15,00 €
Jonte, 10, und ihr Freund Schippo sind alarmiert. Opa ist dement? Soll ins Heim? Sie entwickeln einen Rettungsplan …
Opa sammelt Senfgläser und sein Handy liegt im Kühlschrank. Na und? Aber Jontes Mutter bereitet das Sorgen: Der alte Herr kann auf die Dauer nicht allein leben. Am besten er zieht ins Heim. Sagt Jontes Mutter. Die forsche Zehnjährige und ihr bester Bedenkenträger-Freund Schippo wollen das nicht dulden. „Reißaus“ genommen wird allerdings erst auf Seite 186, und das Krabbenbrötchen kommt erst ganz zum Schluss auf den Tisch, passend zum Happy End. Zwischendurch scheitern Pläne, wird ein Rucksack geklaut, es gibt eine Verfolgungsjagd - ein spannender, witziger Kinderroman also mit liebevoll gezeichneten Figuren. Und es geht um was. Demenz ist kein ungewöhnliches Thema mehr im Kinderbuch, aber Silke Schlichtmann versteht es, davon wunderbar mitfühlend und humorvoll zu erzählen. Das Setting am Elbdeich und später an der Nordsee tragen zum Charme der Geschichte bei. Und die Illustrationen von Jens Rasmuss passen perfekt.
Für aufgeweckte Neun- bis Elfjährige, für Kinder mit Großeltern.
Signatur: Ju 2
Schlagworte: Familie | Demenz | Alter | Freundschaft
Bewertung: ++
Rez.: Anne Buhrfeind

Stohner, Friedbert: Bleibt Oma jetzt für immer? Roman. Ill. von Thomas Müller. München: Dt. Taschenbuch Verl. 2022. 228 S. : Ill. ; 22 cm. (Reihe Hanser). ISBN 978-3-423-64096-1, geb.: 15,00 €
Der großartige Zusammenhalt einer Familie angesichts der Demenz der Großmutter.
Klara und Anton sind gespannt, denn Oma soll aufgrund ihres gebrochenen Fußes für fünf Wochen bei ihnen wohnen! Schnell merkt die Familie jedoch, dass mit Oma etwas nicht stimmt und sie sich quasi in ihrem eigenen Leben verirrt. Manches vergisst sie und zwischenzeitlich wirkt sie völlig orientierungslos. Eine Untersuchung bei der Neurologin bringt die traurige Diagnose einer beginnenden Demenz, die immer weiter fortschreitet. Einige Monate bleibt Oma noch bei ihrer Familie wohnen, bevor sie dann, genau einen Tag nach dem gemeinsamen Weihnachtsfest, friedlich in ihrem Bett einschläft. - Ein trauriges Buch? Keineswegs! Zwar wird hier ein ernstes Thema behandelt, aber im Laufe der Geschichte wächst einem diese sensible und warmherzige, aber ebenso lustige Familie sehr ans Herz und man muss immer wieder schmunzeln: Über die Oma selbst, ihre Omasprüche und Omawitze; über den klugen Anton, der fast den besten Draht zur Oma hat und sie zu allerlei Aktivitäten überreden kann; man staunt über den Familienrat, der regelmäßig wegen der Oma einberufen wird und die Selbstverständlichkeit, mit der alle vier sich fürsorglich und liebevoll bis zu ihrem Lebensende kümmern.
Ein großartiges Buch mit gelungenen und stimmigen Zeichnungen, absolut empfehlenswert für Familien und die Gemeindearbeit mit Kindern!
Signatur: Ju 1
Schlagworte: Familie | Demenz | Menschliche Würde | Zusammenhalt
Bewertung: +++
Rez.: Petra Schulte

Sparschuh, Jens: Julia und ihr kleiner Urgroßvater. Ill. von Julia Dürr. Hildesheim: Gerstenberg 2022. 125 S. : Ill. ; 22 cm. ISBN 978-3-8369-6142-4, geb.: 13,00 €
Julia erlebt die letzten gemeinsamen Sommertage mit ihrem Urgroßvater, bevor sie für immer von ihm Abschied nehmen muss.
Endlich Sommerferien! Zum ersten Mal darf Julia ganz allein zu ihrem Urgroßvater August nach Groß Neuendorf fahren. Dieser wundert sich, dass Julia schon wieder größer geworden ist, während er immer kleiner wird. Julia hat Angst, dass er eines Tages ganz verschwinden könnte. Gemeinsam genießen sie die Ferienwoche und erleben eine unbeschwerte Zeit. Julia hört gern den lebendigen Erzählungen ihres Urgroßvaters zu. Am letzten Ferientag jedoch wirkt August erschöpft. Julia umsorgt ihn ein wenig. Er werde immer bei ihr sein, verspricht er Julia.
Die Geschichte erzählt unbefangen und leichtfüßig von den letzten gemeinsamen Sommertagen eines Mädchens mit ihrem Urgroßvater. Anrührend und liebevoll wird hier die tiefgehende Verbindung zweier Menschen beschrieben, die Generationen auseinanderliegen. Den leichten und warmherzigen Erzählton geben auch die wunderbaren schwarz-weiß-Illustrationen von Julia Dürr wieder.
Eine ermutigende Geschichte, die hoffnungsvoll stimmt trotz des schweren Themas Tod. Sehr gut geeignet zum Vorlesen oder zum Selberlesen für Kinder ab 8 Jahren.
Signatur: Ju 1 | Ju 2
Schlagworte: Urgroßvater | Sterben | Familie < Zusammenhalt
Bewertung: +++
Rez.: Juliane Deinert

Zedelius, Miriam: Lotte und die Freitags-Oma. Vorlesegeschichten. Ravensburg: Hummelburg 2021. 89 S. : Ill. ; 24 cm. ISBN 978-3-7478-0018-8, geb.: 12,99 €
Am Freitag gehört Oma ihrer Enkelin Lotte. Die beiden verleben jedes Mal eine herrliche Zeit zusammen.
Der Freitag ist Lotte, 5, heilig. Da holt Oma sie in der Regel vom Kindergarten ab. Immer unternehmen die zwei etwas Schönes. Sie gehen zum Beispiel auf den Rummelplatz, fahren Boot oder helfen einem Igel über eine gefährliche Straße. Einmal entsorgen sie Einwegflaschen fachgerecht, bringen gefundene Mehrwegflaschen zum Supermarkt und freuen sich über das Pfandgeld. Ein anderes Mal gehen sie in den Zoo und spielen Affenhuckepack. Nur Lottes Rollerunfall oder Oles brennender Papierdrache sind gar nicht lustig. Zum Glück geht alles glimpflich ab. Insgesamt 18 in sich abgeschlossene Alltags-Abenteuer besteht das liebenswerte Oma-Enkelin-Gespann gemeinsam. Jede der freundlichen Geschichte in ihrer ruhigen, ganz unangestrengten Prosa hat eine Länge von etwa sechs Seiten oder ca. fünf Vorlese-Minuten. Feine, rot-grüne Zeichnungen lockern die Texte auf und animieren zum Fabulieren. Lebendige Dialoge und der liebevolle Umgangston stehlen sich direkt in die Herzen der Zuhörer und Vorleser.
Ein ideales Vorlesebuch! Ab 4 Jahren. Auch Band 1, „Lotte und die Oma-Tage“, hat großen Reiz.
Signatur: Ju 1
Schlagworte: Vorlesen | Oma | Alltagsabenteuer
Bewertung: +++
Rez.: Martina Mattes

Früh los. Daniel Fehr. Ill. von Lotte Bräuning. Stuttgart: Thienemann 2021. O. Pag. : überw. Ill. ; 30 cm. ISBN 978-3-522-45927-3, geb.: 14,00 €
Jon und sein Opa wollen einen großen Berg besteigen. Auf halber Strecke merken sie, dass ihre Kräfte nicht ausreichen.
Jon wohnt mit seinen Eltern in den Bergen, ganz in der Nähe von seinem Opa. Als er bei seinem Opa einen gepackten Rucksack sieht und erfährt, dass sein Opa den großen Berg besteigen will, möchte er mit. Damit er den frühen Aufbruch nicht verpasst, schläft er bei seinem Opa. Bei Sonnenaufgang brechen sie auf, vorbei an Kühen immer mit dem Blick auf den großen Berg. Unterwegs gibt es für Jon viel zu entdecken und so legen sie immer wieder Pausen ein. Als sie mit Blick auf den entfernten Berg feststellen, dass sie müde sind, drehen sie um. Am Abend ist Jon zuversichtlich, dass er den Berg mit seinem Opa bezwingen wird, wenn er groß ist und sein Opa erinnert sich zufrieden: Er war schon auf dem Berg. Aus allen Bildern spricht eine große Vertrautheit und Zuneigung zwischen Enkel und Opa. Durch die Konzentration auf das Wesentliche, unter Verzicht auf viele Einzelheiten, zeigen die doppelseitigen mit Aquarellfarben und Buntstift gemalten Landschaftsbilder die raue Schönheit der Natur.
Eine sehr ruhige Geschichte über Jungsein und Altwerden, die durch viel wörtliche Rede gut zum Vorlesen geeignet ist.
Signatur: Jm 1
Schlagworte: Enkel | Großvater | Alter | Vertrauen
Bewertung: +++
Rez.: Eva Basler

Saroyan, William: Tja, Papa. Roman. Dt. von Nikolaus Stingl. München: Dt. Taschenbuch Verl. 2019. 190 S. ; 22 cm. Aus d. amerikan. Engl. ISBN 978-3-423-28179-9, geb.: 18,00 €
Inspirierende Dialoge zwischen Vater und 10-jährigem Sohn über alltägliche und tiefsinnige Fragen des Lebens.
Pete ist zehn, als er für ein paar Monate mit seinem Vater in ein Strandhaus nach Malibu zieht. Der Schriftsteller leidet unter einer Schreibblockade und widmet seinem Sohn viel Zeit. Das nutzt Pete und fordert seinen Vater mit immer neuen Fragen heraus. Geschickt vermeidet der Vater, dass die Dialoge zum Frage-Antwort-Spiel werden. Er beteiligt ihn bei der Suche nach Antworten. Er leitet ihn an, genau zu beobachten und auf scheinbar irrelevante Details zu achten. Gemeinsam erkunden sie die Geheimnisse, die sich hinter den großen Fragen über Gott und die Welt verbergen, sich aber oft auch beim Hinterfragen alltäglicher Ereignisse auftun. Anders als in der Schule, in der Pete auf Fragen antworten soll, die er gar nicht selbst stellt, ist Pete bei den Lernprozessen mit dem Vater als Subjekt beteiligt. William Saroyan macht Pete folgerichtig zum Ich-Erzähler, der Leserinnen und Leser an seinen und des Vaters Lernerfahrungen kurzweilig teilhaben lässt.
Für Gemeindebüchereien und für den Einsatz in der Familienarbeit sehr zu empfehlen.
Signatur: SL
Schlagworte: Vater | Sohn | Generationen | Lebensfragen
Bewertung: +++
Rez.: Karl Foitzik

Gornick, Vivian: Ich und meine Mutter. Dt. von pociao. München: Penguin 2019. 221 S. ; 22 cm.
Aus d. Engl. ISBN 978-3-328-60030-5, geb.: 20,00 €
Zuerst denkt die Leserin: ein Buch über Mutter und Tochter? Was soll das schon sein. Aber nein. Es ist eine Liebeswucht.
Immer wenn die Mutter etwas präzise und ironisch zugleich sagen will, fällt sie ins Jiddische. Schade, dass wir das nicht auch im Jiddischen lesen dürfen. Hinter diesen kleinen Beobachtungen liegt das ganze Universum des Buches. Es ist eine jüdische Welt in New York, in die ich eintauche, eine Welt tapferer Menschen mit Weltwissen und Weltgewissen, es ist das unnachahmliche Lebensverständnis, das Bitterkeit und Lust nebeneinander stehen lassen kann. Vielleicht ist das etwas Jüdisches? Jedenfalls bleibt die Welt des Kindes Erfahrungsraum für alles, was der erwachsenen Frau zustoßen wird. Beziehungen, Arbeit, Emanzipation, Leid - immer wird es am Schtetl in der Bronx gespiegelt. Dabei löst die Macht der Mutter in der Tochter bodenlose Wut aus und gipfelt in weiblich lustvoller Ergänzung, weil die Mutter eine wichtige Ergänzung zu den Befreiungsbestrebungen der sich lösenden Tochter bleibt, die nicht nur einen Generationskonflikt austrägt, sondern den Weg der Frauenbewegung mitgeht.
Für Gespräche über Frauenbefreiung, eine gute Leseempfehlung für Frauen auf der Suche nach Freiheit.
Signatur: SL
Schlagworte: Mutter | Lust | Leben | Judentum
Bewertung: +++
Rez.: Christiane Thiel

Jünger, Brigitte: Der Mantel. Wien: Jungbrunnen 2019. 203 S. ; 22 cm. ISBN 978-3-7026-5932-5, geb.: 17,00 €
Die 14-jährige Französin Fanette verfolgt nahe Köln die Spuren einer jüdischen Familie in Nazi-Deutschland.
Seit Jahren ist die Pariserin Fanette mit dem betagten Aron Schatz befreundet. Er findet es gut, dass die 14-Jährige sich bei einem Schüler-Auslandsaufenthalt seine Heimat Deutschland ausgewählt hat. Fanette darf einige Wochen in der Nähe von Köln verbringen; in ihrem Gepäck hat sie einen siebzig Jahre alten Zettel, auf dem steht: „Ein schwarzer Damenmantel zur Aufbewahrung“. Sie recherchiert, findet das Kleidungsstück und trifft Leute, welche nicht nur Aron Schatz gekannt haben, sondern auch die Dame, für die der Mantel angefertigt wurde. Der alte Herr wird inzwischen von Fanettes Schulfreund Mohammed alias Moumouche betreut. Die Freundschaft zwischen dem alten jüdischen und dem jungen muslimischen Franzosen könnte fruchtbarer nicht sein. Auf ebenso kunstvolle wie einzigartige Weise werden hier anhand eines Mantels die Schicksale von Juden und Nicht-Juden in Nazi-Deutschland so erzählt, dass junge wie ältere Leser*innen gebannt in die Geschichte eintauchen werden. Prädikat besonders wertvoll!
Ein in jeder Beziehung beeindruckendes Jugendbuch, dem man viele Preise und Ehrungen wünscht. Auch als Klassenlektüre ab der 9. Klasse ein großer Gewinn.
Signatur: Ju 3
Schlagworte: Zweiter Weltkrieg | Generationen | Rassismus | Religionen
Bewertung: +++
Rez.: Martina Mattes

Schulmeyer, Heribert: Alwina und Nelli. Eine Sommergeschichte aus dem Skizzenbuch. Zürich: Atlantis 2019. O. Pag. : überw. Ill. ; 23 cm. ISBN 978-3-7152-0758-2, geb.: 16,95 €
Alwina und Nelli lernen sich im Urlaub kennen und verleben eine herrliche Zeit am Meer.
Alwina hatte ein Zimmer mit Meerblick bestellt, doch als sie ankommt, ist das Hotel ausgebucht. So landet sie im ,Petersilienzimmer’ einer kleinen Pension. Am nächsten Morgen findet sie in ihrer Badewanne Nelli vor, die auch nicht ganz freiwillig in der Pension gelandet ist: Sie wurde von den Eltern zur Tante ans Meer geschickt. Nelli ist richtig wütend, denn ihre Tante hat als Pensionswirtin gar keine Zeit für sie. Und so wird aus der Erwachsenen Alwina und der kleinen Nelli für den Sommer ein unzertrennliches Gespann. Nelli zeigt Alwina ihre Lieblingsplätze, Alwina spendiert Nelli Eis. Zusammen schwimmen sie im Meer, sammeln Muscheln, erzählen Piratengeschichten und tun alles, was man in den Ferien am Meer halt so macht. Als Alwina abreisen muss, ist der Kummer groß – zu schön war die gemeinsame Zeit. Doch ab jetzt sollen Briefe geschrieben werden …
Eine kleine, lakonisch erzählte Geschichte um ein ungleiches Paar, das gemeinsam einen Bilderbuchsommer erlebt. Die Aquarellbilder ergänzen den Text perfekt und laden zum Verweilen und Träumen ein. Spannend sind auch die Auszüge aus Schulmeyers Skizzenbuch im Vor- und Nachsatz des Buches.
Wunderbar für einen Ferientisch geeignet – weckt definitiv die Sehnsucht nach Meer.
Signatur: Jm 1
Schlagworte: Meer | Sommer | Generationen | Ferien
Bewertung: +++
Rez.: Wiebke Mandalka

Mein Andersopa. Rolf Barth. Ill. von Daniela Bunge. München: Hanser 2018. O. Pag. : überw. Ill. ; 25 cm. ISBN 978-3-446-26057-3, geb.: 14,00 €
Kindgerechte Schilderung der liebevollen Beziehung zwischen einem dementen Opa und seiner Enkelin.
Nele hat zwei Opas: ihren Opa und ihren Andersopa. Der Opa, den sie jahrelang gekannt hat und der oft auf sie aufpasst, ist ein feiner, höflicher Herr mit Jackett und Schlips, der gerne angelt und Haus und Garten picobello in Ordnung hält. Doch als Nele ihren Opa nach dem Sommerurlaub wieder besucht, hat er sich verändert: Er ist ungepflegt, unhöflich und vergisst den Namen von Tochter und Enkelin. Der Hausarzt erklärt Nele, was mit Opa passiert. Liebevoll kümmert sich Nele nun um ihren „Andersopa", lernt es, ihn zu rasieren und erzählt ihm von früher und von der verstorbenen Oma. Am Ende des einfühlsam bebilderten Buches lebt Andersopa bei Nele und ihrer Mutter und „..so gesehen, ist die Welt wieder in Ordnung". Das Thema Demenz wird hier ermutigend und kindgerecht aus der Perspektive der 7-jährigen Nele behandelt, begleitet von Zeichnungen, die den Gemütszustand des Opas spiegeln.
Für Kinder ab 5 Jahren sehr empfehlenswert als Gesprächsanlass in Familie oder Kindergarten über das Thema Demenz der Großeltern.
Signatur: Jm 1
Schlagworte: Demenz | Großvater
Bewertung: +++
Rez.: Gabriele Güterbock-Rottkord

Wobmann, Fanny: Am Meer dieses Licht. Roman. Dt. von Lis Künzli. Zürich: Limmat 2018. 148 S. ; 20 cm. Aus d. Franz. ISBN 978-3-85791-846-9, geb.: 24,00 €
Zwischen Tod und Leben, Stadt und Land, Fremde und Heimat begegnen sich zwei Frauen.
Die Großmutter liegt im sterilen, fremden Krankenhaus. Die engste Verbindung zu ihr pflegt ihre Enkelin Laura, die täglich zu Besuch kommt. Am Krankenhausbett werden die Erinnerungen der Großmutter in Lauras Leben eingewebt, denn die großmütterliche Demenz bringt das bäuerliche Leben in den Alpen mit seinen Tieren, Familienbanden, Leben und Sterben lebendig hervor. Lauras parallel erzählter Sprachlernaufenthalt in England lässt die Rastlosigkeit eines jungen Berufslebens spüren, die Sehnsucht nach Ruhe in einer fordernden Welt. Nur die Lehrerin des Sprachkurses interessiert Laura etwas mehr. In der englischen Fremde führt Laura mit einem Mann und seinem Hund eine ambivalente Dreiecksbeziehung, die zurück in der französischen Schweiz überraschende Früchte trägt. So füllt Laura das Schwinden der Großmutter mit Leben auf. Die einfache Sprache der jungen Autorin umhüllt die Geschehnisse gekonnt mit Distanz und Ratlosigkeit. Wie die beiden Frauen in ihren Lebensthemen parallelisiert werden, lässt Nachdenken über Generationen zu.
Ein leicht zu lesendes Buch mit Themen für alle erwachsenen Altersgruppen, daher gut geeignet zur Besprechung in Gruppen.
Signatur: SL
Schlagworte: Generationen | Demenz | Familie | Beruf
Bewertung: +++
Rez.: Lea Klischat

Ochsner, Gina: Die versteckten Briefe. Roman. Dt. von Pociao. München: Dt. Taschenbuch Verl. 2018. 397 S. ; 22 cm. Aus d. amerikan. Engl. ISBN 978-3-423-28154-6, geb.: 24,00 €
Eine poetische über mehrere Generationen reichende Familiengeschichte, eng verwoben mit Zeitgeschichte aus Lettland.
Der Sohn der Erzählerin nimmt dank übergroßer Ohren feinste Geräusche wahr. Dies – und philosophisches Denken – hilft ihm, seine Familiengeschichte in ein „Buch der Wunder“ zu schreiben – kollektives Gedächtnis wachzuhalten. Denn es geht auch um Mord und Vertreibung, um Aggression gegen Juden und Jüdinnen oder Sinti und Roma im sowjetisch besetzten Lettland. Es dauert bis in die freiere Zeit Gorbatschows, der den Besitz von Bibeln wieder erlaubt, bis zum Zerfall der Sowjetunion und den ersten demokratischen Wahlen im Baltikum. Die „neue wirtschaftliche Realität“, bringt Verwerfungen, die die Erzählerin als Kind wahrnimmt. Krebskrank, am Lebensende, verpflichtet sie sich, „die Wahrheit zu sagen, so seltsam sie auch sein mag.“ – Sie bekennt: „Früher konnte ich Gott nirgendwo sehen. Jetzt sehe ich ihn überall, wohin ich auch schaue.“ Basis des Romans der 1970 geborenen Autorin sind (wohl erfundene) wiedergefundene Briefe, Legenden, Lieder, Traditionen um Folklore, Esoterik, Unglaube, Glaube.
In Schulen, im Konfirmandenunterricht, in Literaturkreisen von der Jungen Gemeinde bis zu Senioren. Überall, wo es um Geschichte und Zeitgeschichte geht.
Signatur: SL
Schlagworte: Zeitgeschichte | Familiengeschichte | Tradition | Religion
Bewertung: ++
Rez.: Christoph Kuhn

Köpf, Friederike: Baby Oma. Ill. von Anne-Kathrin Behl. Leipzig: Klett Kinderbuch 2017. 117 S. : Ill. ; 21 cm. ISBN 978-3-95470-158-2, geb.: 13,00 €
Die 9jährige Lumi findet ihren Weg, die demente Oma lieb zu gewinnen.
Um es gleich zu sagen: Das ist ein wunderbares Kinderbuch zu Demenz - auch für Eltern und Großeltern lesenswert. Es ist voller witziger Momente, lässt aber auch Unsicherheiten und Scham nicht außen vor. Durch die „Brille" der 9jährigen Lumi erfahren wir von den Sorgen der Erwachsenen, von den Verrücktheiten der Oma, vom allmählichen Sich-vertraut-Machen, von der Begegnung mit Abschied und Sterben. Die Feier zu Lumis Geburtstag lässt die ganze Spannung unmittelbar miterleben: Lumi will nicht, dass ihre Freunde der verrückten Oma begegnen. Doch die Kinder treffen beim Versteckspiel auf sie - und es entwickelt sich ein herrliches Spiel, in dem Oma ihre jungen Jahre erinnert. Eine innige Beziehung entwickelt sich. Dann muss Lumi sich dem Gedanken nähern, dass Oma sterben wird. Sie sammelt die alten Oma-Wörter und ihre Geschichten. Und der Leser weiß, dass er das Ergebnis in den Händen hält.
Zum Selberlesen für Kinder, Eltern und Großeltern. In der Schule als Anstoß zum Thema „Alte Menschen in der Familie". In Gemeindegruppen zum Gespräch über Demenz.
Signatur: Ju 2
Schlagworte: Familie | Demenz | Alter | Großeltern
Bewertung: +++
Rez.: Brigitte Messerschmidt