Interreligiosität

Selma und Anton. Die Geschichte einer langen Freundschaft. Nina Kölsch-Bunzen. Ill. von Marion Goedelt. Berlin: Ariella 2021. O. Pag. : überw. Ill. ; 29 cm. ISBN 978-3-945530-37-5, geb.: 16,00 €

Selma erzählt ihrer Urenkelin Miri, was sie als jüdisches Kind in der Zeit des Nationalsozialismus erlebt hat.

An ihrem Geburtstagsmorgen hat Selma ihre Urenkelin Miri, ihren besten Freund Anton und dessen Urenkel Tom zu sich eingeladen. In einem Fotoalbum entdecken Miri und Tom Bilder aus den Kindertagen Selmas und Antons. Die beiden Alten erzählen von fröhlichen Kinderspielen, dann aber tauchen HJ und BDM-Uniformen auf den Bildern auf und Selma trägt plötzlich einen Stern auf der Jacke ... Nina Kölsch-Bunzen und Marion Goedelt gelingt es auf behutsame Weise, Kindern die Lebensgeschichte der Jüdin Selma und ihres körperbehinderten Freundes Anton nahezubringen. Kindgerecht erzählen sie von Judenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Flucht, aber auch von ihrer lebenslangen Freundschaft und der Hoffnung auf ein Leben in Vielfältigkeit. Die letzten Seiten des Buches feiern diese Hoffnung mit dem Bild einer ausgelassenen Geburtstagsfeier. Ein liebevoll gestaltetes, pädagogisch durchdachtes Buch, das auch von heutigem jüdischen Leben erzählt und zur Auseinandersetzung mit dem Thema Antisemitismus einlädt.

Hoffentlich bringt dieses Buch viele KiTa-Gruppen und Grundschulklassen auf die Idee, Besuche in jüdischen Gemeinden oder Altersheimen durchzuführen! Ab 5 J.

Signatur: Jm 1
Schlagworte: Antisemitismus | Judenfeindlichkeit | Kulturelle Diversität | Judentum
Bewertung:
+++
Rez.: Erhard Reschke

Kermani, Navid: Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen. Fragen nach Gott. München: Hanser 2022. 238 S. ; 22 cm. ISBN 978-3-446-27144-9, geb.: 22,00 €

Kermani unternimmt den Versuch, seiner Tochter die Bedeutung von Religion allgemein und seiner Religion, dem Islam, zu vermitteln.

Ausgangspunkt ist das Versprechen Kermanis an seinen verstorbenen Vater, die Kinder in Religion zu unterweisen. 19 Abschnitte umkreisen facettenartig, was Religion und Islam bedeuten und wie man einen Zugang zur Religion finden kann. Der Geist der Religion, der Geist des Islams wird erläutert, dargestellt, Verstehenskorridore tun sich auf  – und es geschieht noch mehr – Religion stellt sich als eine Herzensangelegenheit heraus. Es geht nicht um die Mitteilung objektiver Sachverhalte, sondern die eigene, persönliche Stellung zur Wirklichkeit. Daraus entsteht ein Bild, wie ein Intellektueller Religion am Anfang dieses Jahrhunderts empfindet und einschätzt. Das Gespräch zwischen Islam und Christentum kommt nicht zu kurz. Der Schriftsteller Kermani liebt die Metapher. Dadurch entstehen bei der Lektüre Bilder im Kopf, die den Zeitgeist relativieren und den religiösen Glutkern befeuern: Gott ist schön und Menschen leben in einer Zeichenwelt, die immer und überall auf Gott hindeutet. Religion ist das immer neu anfangende Verstehen dieser Zeichen. Der auf gebraucht designte Einband des Buches legt den Eindruck nahe, dass Religion sich durch den generationsübergreifenden Gebrauch auferbaut. Das Buch ist eine Hilfe, um religiös ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen.

Gemeindeveranstaltungen; Lektüregruppen; Literaturgottesdienst; Thematische Schulreferate; Erwachsenenbildung; (Geburtstags)Geschenk;

Signatur: Ci
Schlagworte: Religion | Islam | Bekenntnis | Zeugnis
Bewertung: +++
Rez.: Martin Schulz

Kleeberg, Michael: Der Idiot des 21. Jahrhunderts. Ein Divan.  Köln: Galiani Berlin 2018. 457 S. ; 22 cm. ISBN 978-3-86971-139-3, geb.: 24,00 €

Der moderne multiperspektivische West-östliche Divan zeigt, dass eine Überwindung kultureller Schranken keine Utopie ist.

Im weltoffenen Haus des freigeistigen Ehepaares Ulla und Bernhard treffen sich Freunde aus West und Nahost, deren Lebenswege unterschiedlicher nicht sein könnten. Der sensible Philosoph Hermann, die iranische Sängerin Maryam und deren Sohn, der „ ethische Hacker“ Navid, der sanfte islamische Theologe und Dichter Younes, sie und alle anderen Freunde vereint die Suche nach Antworten auf existenzielle Fragen des Menschseins in Orient und Okzident.
Ihre Schicksale bilden den Geschichtenteppich, in den facettenreich religiöse, philosophische, mystische und politische Annäherungen an Themen wie Heimat und Exil, Identität zwischen verschiedenen Kulturen, Ursprung von Gewalt und Überwindung der Unterschiede zwischen den Religionen eingewoben werden. In seiner von Goethes West-östlichen Divan inspirierten Geschichtensammlung stellt Kleeberg einer von Krieg und Krisen erschütterten Welt das Ideal einer friedlichen, an sich selbst wachsenden multikulturellen Gemeinschaft entgegen.

Die vielschichtige literarische Wanderung zwischen Morgen- und Abendland wird belesene Literaturfreunde begeistern und ist ambitionierten Lesekreisen zu empfehlen.

Signatur: SL
Schlagworte: Interkultureller Dialog | Zeitgeschichte | Religion
Bewertung:
+++
Rez.: Christine Heymer

Lewitscharoff, Sibylle u. Wali, Najem: Abraham trifft Ibrahîm. Streifzüge durch Bibel und Koran. Teilw. aus d. Arab. von Christine Battermann . Berlin: Suhrkamp 2018. 309 S. ; 22 cm. ISBN 978-3-518-42791-0, geb.: 24,00 €

Eine engagierte und sprachkräftige Zusammenschau biblischer und koranischer Figuren, klug und unterhaltsam.     

Vorneweg: Wer hier einen sauberen religionswissenschaftlichen Vergleich erwartet, wird enttäuscht. Die sprachmächtige Religionswissenschaftlerin und der theologisierende Journalist begegnen den biblisch/koranischen Figuren mit ihrer literarischen Sprachkraft - engagiert, belesen, positionsstark und augenzwinkernd. Man lernt viel über die Figuren von Eva bis Maria, von Moses bis Satan. Für Lewitscharoff ist Eva eine Heldin des Fortschritts, die Mutter der Naturwissenschaft, die die Komfortzone des Paradieses aufs Spiel und eine Dynamik von Neugier, Wissen und Leid in Gang gesetzt hat. Wali sieht die koranische Hawwa klar im Vorteil: An ihr klebt nicht die erste Sünde, Adam ist der Ungehorsame. Und überhaupt ist der Koran da unaufgeregt. Wali nimmt das zum Anlass, über die Verschleierung der Frau nachzudenken und stellt fest, dass die meisten Gebote sich an die Frauen des Propheten wenden, gar nicht an die Allgemeinheit.
Insgesamt eine unterhaltsame, kluge und theologische Auslegung.  

Kann durchaus in Gesprächskreisen in der Gemeinde oder noch besser zwischen Muslimen und Christen Verwendung finden - gut zu lesen und ohne Vorkenntnisse verständlich.

Signatur: Cl 1
Schlagworte: Islam | Christentum | Bibel | Koran
Bewertung:
+++
Rez.: Volker Dettmar

Fromme-Seifert, Viola M. u. Kamcili-Yildiz, Naciye: Miteinander feiern. Die sieben schönsten Feste für interkulturelle Kita-Gruppen. Mit Stefanie Poritzki. München: Don Bosco 2018. 149 S. : Ill. ; 20 cm. ISBN 978-3-7698-2379-0, kt.: 18,00 €

Ein informatives und praxisorientiertes Fachbuch zur interreligiösen Begegnung in der Kita am Beispiel von sieben Festen aus dem Christentum und dem Islam.

Das Buch „lädt ein, die wichtigsten christlichen und islamischen Feste im Kita-Jahr so zu gestalten, dass sich alle angesprochen und einbezogen fühlen“ – der Inhalt des Buches hält, was der Text auf dem Buchrücken ankündigt!
Die sieben Feste sind: ein Namensfest, Erntedank, Sankt Martin, Weihnachten, Ostern, Ramadan und das Opferfest. Aus der Sicht des Christentums und des Islam erzählen die beiden Autorinnen von diesen Festen, ihren Ritualen und Symbolen. In kurzen Infotexten zeigen sich gemeinsame Aspekte, aber auch bedeutsame Unterschiede. Insgesamt 40 Bausteine zeigen, wie die Feste in der Kita angelegt und religionspädagogisch umgesetzt werden können. Diese Bausteine sind ganz übersichtlich dargestellt und ganz praktisch angelegt. Besonderer Bonus: Über einen Downloadcode kommt man zu Zusatzmaterial!

Sehr empfohlen für Kindertageseinrichtungen und Büchereien, die mit Kitas zusammenarbeiten.

Signatur: Pc 6 | Pc 3
Schlagworte: Interreligiöse Begegnung | Islam | Christentum | Feste
Bewertung:
+++
Rez.: Susanne Betz