Bitternis
Vier Generationen Frauenleben in Niederschlesien von 1920 bis heute - eine Familiengeschichte aus weiblicher Sicht.
Ich mag keine dicken Bücher, aber diese 800 Seiten haben mich gepackt. Ein Roman so drastisch und einfühlsam, dabei großartig komponiert von der 1968 geborenen polnischen Autorin, eine der wichtigsten Stimmen ihres Landes. In vier Strängen erzählt Bator die Familiengeschichte mit "männerförmigen Löchern" um die in Langenwaltersdorf/Unislaw Slaski lebende Urgroßmutter Berta, deren 1939 geborene und im Waisenhaus aufgewachsene Tochter Barbara, ihre ungeliebte Tochter Violetta und Barbaras Enkelin Kalina, die sich allmählich in die Erzählerin verwandelt. Dabei läuft die Geschichte Schlesiens zwischen nationalsozialistischem Deutschland, sozialistischem Polen und einbrechendem Kapitalismus in der nachsowjetischen Zeit im Hintergrund spürbar mit. Im Mittelpunkt steht die zumeist erfolglose Glückssuche der Frauen, die Liebe nur als eruptiven Einbruch in den Alltag, als vom Schicksal rasch entwendetes Gut oder Illusion erfahren. Einzig Kalina, unsere Zeitgenossin, schafft sich durch ihre erfolgreiche Recherche nach ihren Vorfahrinnen eine identitätsstiftende Aufgabe im Schreiben.
Für nicht zu zart besaitete Leserinnen mit Interesse an Frauengeschichte und Osteuropa ein Erlebnis. Sehr spannend zu lesen.
Bewertung: 3/3
Rezension von: Gabriele Kassenbrock
Preis | geb.: 34,00 € |
Erscheinungsjahr | 2023 |
Verlag | Suhrkamp |
Originalsprache | polnisch |
Übersetzer:in | Lisa Palmes |
Seitenzahl | 826 Seiten |
ISBN | 978-3-518-43131-3 |
Signatur | SL |
Schlagworte | Frauen / Patriarchat / Polen / Schreiben |