Nachhaltigkeit in der Bibliothek – einfacher als gedacht!
Die gute Nachricht vorab: Schon von ihrer Grundidee her ist die Bibliothek per se eine nachhaltige Institution! Deshalb ist sie ein unverzichtbarer und kompetenter Partner für eine nachhaltige Gesellschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung politischer Zielsetzungen, wie beispielsweise der Agenda 2030.
Agenda 2030
Die Agenda 2030 wurde 2015 von 193 Staaten der Vereinten Nationen unterzeichnet und umfasst 17 Nachhaltigkeitsziele, die sowohl ökologische, soziale wie auch ökonomische Aspekte abdecken:
- Keine Armut: Armut in all ihren Formen und überall beenden
- Kein Hunger: Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern
- Gesundheit und Wohlergehen: Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern
- Hochwertige Bildung: Bildung für alle: inklusive, gerechte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern.
- Geschlechter-Gleichheit: Gleichstellung der Geschlechter erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen.
- Sauberes Wasser und Sanitär-Einrichtungen: Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten
- Bezahlbare und saubere Energie: Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern.
- Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum: Nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit für alle – dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern.
- Industrie, Innovation und Infrastruktur: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovation unterstützen.
- Weniger Ungleichheiten: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern.
- Nachhaltige Städte und Gemeinden: Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten.
- Nachhaltiger Konsum und Produktion: Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen.
- Maßnahmen zum Klimaschutz: Sofortmaßnahmen ergreifen, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen.
- Leben unter Wasser: Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Ozeane, Meere und Meeresressourcen.
- Leben an Land: Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegeneration beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen.
- Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zum Recht ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.
- Partnerschaft zur Erreichung der Ziele: Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben füllen.
Bibliotheken stehen mit allen 17 Zielen der Agenda 2030 in Verbindung: Sie ermöglichen einen niedrigschwelligen Zugang zu Information und Bildung für alle Bevölkerungsgruppen, tragen zu nachhaltigerem Konsumverhalten bei und können ein wichtiger Baustein eines inklusiven und nachhaltigen Städte- und Gemeindekonzepts sein. Darüber hinaus schaffen Bibliotheken einladende und sichere Orte für Treffen und Veranstaltungen und sie können durch ihre Programme und Angebote dem Individuum eine gezielte Recherche zu speziellen Bedürfnissen, wie gesundheitlichen Fragen oder beruflichen Weiterbildungsmöglichkeiten ermöglichen. Auch durch die Vermittlung der Agenda 2030 können Sie einen wichtigen Beitrag leisten, auf die Ziele aufmerksam zu machen und ihre Erfüllung voranzutreiben.
Trotzdem gibt es natürlich viele Möglichkeiten, Nachhaltigkeit darüber hinaus noch weiter zu fördern und umzusetzen. In diesem Artikel beschränken wir uns zunächst auf die Ziele des Klimaschutzes, der Ökologie und der Umweltbildung (also die Ziele 11, 12, 13, 14 und 15).
Ideen und Beispiele für nachhaltige Bibliotheksarbeit
Die klassischsten Beispiele dafür sind sicherlich Sparmaßnahmen, wie sie beispielsweise das doppelseitige Bedrucken von Papier. Die Stephanus-Bücherei in Bielefeld-Gadderbaum verzichtet auch auf das Einschlagen der Bücher in Folie. Über andere Bausteine, den Arbeitsort nachhaltiger zu gestalten berichtet Katja Henkel aus der Bibliothek in Borgolzhausen:
Wir achten strikt darauf, dass es bei uns als Preise oder Dankeschöns nur noch nachhaltige Dinge gibt. In diesem Jahr zum Beispiel gab es für alle erfolgreichen Teilnehmer:innen des Sommerleseclubs einen wiederverwendbaren Trinkhalm aus Edelstahl.
Ein weiterer Beitrag zur Nachhaltigkeit laut Agenda 2030 ist, als Bibliothek im örtlichen Buchhandel einzukaufen (bei uns annähernd zu 100%) und die Bücher (wenn, dann) in biologisch abbaubarer Folie einzuschlagen. Auch ein neues Laminiergerät haben wir angeschafft (das alte war kaputt), das mit zersetzbaren Folien arbeitet. Statt ausgedruckter Quittungen auf Thermopapier gibt es bei uns nach wie vor die ins Buch geklebten Fristzettel, auf die 51 Stempel passen. Der dafür verwendete Datumsstempel aus Holz, Metall und Kautschuk wird 13 Jahre lang benutzt.
In unserer Bibliothek stehen Recycling-Sammelbehälter für Korken, Batterien und Handys, demnächst soll auch noch einer für CDs/DVDs hinzukommen.
Man kann bei uns ein Strommessgerät entleihen, um den Energieverbrauch der Haushaltsgeräte etc. zu Hause zu messen. Ebenso achten wir bei unseren eigenen Geräten und Systemen auf möglichst niedrige Verbräuche und Umweltverträglichkeit.
Viele kleine Bausteine. Und ganz grundsätzlich sind Bibliotheken ja schon von ihrer Idee her sehr nachhaltig: Ausleihen statt kaufen.
Einige kreative Projekte und Ideen aus unseren Mitgliedsbibliotheken, die über diese klassischen Einsparmaßnahmen hinausgehen und sich darüber hinaus auch der Umweltbildung verschrieben haben, möchten wir im Folgenden kurz vorstellen:
Ideen für aussortierte Bücher: Upcycling, Bücherflohmarkt oder „Blind Date“
Mit aussortierten Büchern lässt sich noch allerlei Schönes anstellen, wie die EÖB in Waldalgesheim beweist. Dort werden die Bücher zu Dekorationsobjekten „verbastelt“ und auf dem Flohmarkt verkauft.
Die Bibliothek in Borgholzhausen veranstaltet parallel zum dortigen Weihnachtsmarkt einen Bücherflohmarkt, auf dem die aussortierten Bücher weitergegeben werden. Darüber hinaus bieten sie ein Regal an, in dem man sich die Bücher das ganze Jahr über kostenlos mitnehmen kann.
Eine andere kreative Idee kommt aus der EÖB in Kamen – dort kann man sich ein „Blind Date“ mitnehmen: Aussortierte Bücher werden in Zeitungspapier verpackt, mit einem kleinen Hinweis auf den Inhalt versehen und in einem alten Koffer angeboten.
Interaktive Themennachmittage
Die Kirchengemeinde St. Michaelis in Bissendorf bot eine interaktive Filmveranstaltung zum Thema „Wald“ an, von dem uns Anja Klinkott berichtet:
Wie kam es zu der Veranstaltung? Was war die Idee dahinter?
Im Arbeitskreis „Kirche und Film“ entstand die Idee, themenbezogenen Filmveranstaltung zum Thema „Wald“ anzubieten. Dabei entstand die Idee, zusätzlich ein praktisches „Walderlebnis“ anzubieten. Viele Förster bieten Führungen durch ihre Wälder an. Weiter bestand der Plan, eine solche Veranstaltung in Kooperation mit einer Kirchengemeinde in der Fläche anzubieten, um zu zeigen, dass nicht nur Hannover als Veranstaltungsort in Frage kommt.
Welche Institutionen/Personen waren beteiligt und wie wurden diese ausgewählt bzw. haben sich gefunden? Wie ist der Kontakt entstanden?
Überlegt wurde, die Veranstaltung einer möglichst großen Zahl an Menschen zugänglich zu machen. Das bedingte eine leichte Anreise, nach Möglichkeit auch mit dem öffentlichen Nahverkehr. Dazu bot sich die Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Michaelis in Bissendorf in der Gemeinde Wedemark an. In der Gemeinde gibt es einen Förster, der viele Waldführungen anbietet. Sowohl Kirchengemeinde wie Förster erklärten sich sofort bereit, an der Umsetzung mitzuwirken, dazu reichte eine freundliche Anfrage per E-Mail. Der Pastor übernahm auch die lokale Werbung in der örtlichen Presse, zu der er guten Kontakt hält.
Wie lief die Veranstaltung ab?
Die Anreise wurde vorab erfragt, so dass eine entsprechende Anzahl an PKW vorhanden war. Förster Immo Ortlepp führte die Gruppe in etwa zwei Stunden mit einer sehr anschaulichen Führung durch seinen Wald. Leicht und anekdotisch zeigte er Dachsbauten, Ruheplätze von Rehen, die örtliche Forstwirtschaft und vieles mehr. Im Anschluss fuhren die Teilnehmenden zur Kirchengemeinde, wo zunächst ein Imbiss auf sie wartete. Nach der interessanten Wanderung kam unter den Teilnehmenden sehr schnell ein intensives Gespräch auf. Die praktischen Eindrücke wurden dann durch Filmausschnitte und Kurzfilme zu den ökologischen Aspekten des Waldes vertieft und mit methodischen Aspekten von Filmgesprächen ergänzt.
An der Veranstaltung nahmen 16 Teilnehmende statt. Die Idee, einen Filmabend durch praktische Naturerfahrungen zu ergänzen, wurde sehr positiv aufgenommen und sprach auch eine heterogene Zielgruppe, die im Alter zwischen 20 und 65 Jahren lag, an. Die Pause mit einem Imbiss wurde für einen regen Austausch genutzt. Die Teilnehmenden nahmen z.T. weite Anreisewege (Region Bremen) auf sich.
Welche weiteren Veranstaltungs- oder Formatideen sind daraus entstanden? Ist ein „Nachfolger“ geplant?
Die hier dargelegte Veranstaltung ist sehr zur Nachahmung geeignet: Viele Förster oder Naturschutzvereine bietet Führungen / Wanderungen an. Passende Filme können über die Bücherei- und Medienarbeit entliehen / gedownloaded werden und erfahrungsgemäß freuen sich Kirchengemeinden, wenn sie ihren Mitgliedern eine abwechslungsreiche Veranstaltung abseits des Üblichen anbieten können. Als Kooperationspartner bieten sich neben den Hauptverantwortlichen in den Kirchengemeinden beispielsweise auch Konfirmandengruppen an, die sicher unter Anleitung für eine solche Umsetzung zu gewinnen sind und eigene Ideen zur Ökologie miteinfließen lassen können. Empfohlen wird, Raum für persönliche Gespräche zu lassen, was sich am einfachsten über eine Imbisspause erreichen lässt. Eine Fortsetzung der Reihe aus der Bücherei- und Medienarbeit ist nicht geplant, im Religionspädagogischen Institut in Loccum soll es im Oktober 2023 eine Veranstaltung „Wald“ geben, die sich an Lehrkräfte und kirchliche Mitarbeitende in der Jugendarbeit richtet.
Kreative Gestaltung von Präsentationsflächen
Über die Präsentation von nachhaltigen Themen im Büchereialltag erzählt Katja Henkel aus der Bibliothek in Borgholzhausen:
"Natürlich" gibt es in unserer Bibliothek auch immer wieder Präsentationsflächen zum Thema Nachhaltigkeit. Zero Waste, plastikfrei leben, Upcycling, natürliche Haushaltstipps aber auch Naturschutz und Klimawandel sind gerade stark nachgefragte Themen, denen immer wieder gesonderte Regalfläche zukommt. Auf dem Foto können Sie unser Tisch zum Thema "Bienen" sehen. Einige Objekte (Bienenkorb, Imkerpfeife) hat uns eine örtliche Imkerin zur Verfügung gestellt, die Kinder einer KiTa haben lustige Bienen aus leeren Klopapierrollen zur Deko gebastelt.
Neben Büchern zu diesen Themen haben wir auch die beiden Zeitschriften "Öko-Test" und "Natur" zur Ausleihe im Bestand. Über weitere "nachhaltige" Zeitschriftentitel denken wir gerade nach.
Eine ausführliche Sammlung weiterer Beispiele finden Sie auch auf der Website www.biblio2030.de. Außerdem können Sie dort viele tolle Materialien kostenlos herunterladen, beispielsweise Druckvorlagen für Bastelprojekte, Plakate („Diese Bibliothek unterstützt die Nachhaltigkeitsziele“), Logos oder auch eine Übersicht aller Nachhaltigkeitsziele und wie Bibliotheken konkret bei der Umsetzung der einzelnen Ziele mitwirken.